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Dem Bauhaus-Gedanken bis heute eng verbunden

Das Traditionsunternehmen Altro steht nicht nur für Wandsysteme und Bodenbeläge, sondern ist längst Komplettanbieter für kundenspezifische Rundum-Lösungen, die auch Treppen und Zubehör umfassen. Die LVT-Böden sowie die Wandsysteme werden bis heute „Made in Germany“ - genauer: „Made in Dessau“ - gefertigt. So bestimmt auch die 100-jährige gemeinsame Geschichte mit dem Bauhaus noch immer den hohen Qualitäts- und Designanspruch des Herstellers. Wir haben bei Altro-Geschäftsführer Olaf Dany nachgefragt, wie sich die Bauhaus-Ideen auf die Produktentwicklung auswirken, welchen Stellenwert die deutsche Fertigung hat und wie das Engagement des Unternehmens in Sachen Nachhaltigkeit aussieht.

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Herr Dany, seit 1929 ist Altro in Dessau ansässig. Damit verbindet das Unternehmen auch eine lange Geschichte mit dem Bauhaus. Inwiefern begleitet Sie der Bauhaus-Anspruch bis heute?
Altro selbst ist erst seit 2015 durch die Beteiligung an der Firma Debolon in Dessau ansässig, die dann im Jahr 2018 komplett übernommen wurde. Debolon hat eine lange Tradition, die bis in das Jahr 1929 zurückgeht. Der Bauhaus-Anspruch war ja sehr vielfältig und einer der Grundgedanken des Bauhauses, Form und Funktion optimal zu vereinen, findet sich auch in der Arbeit von Altro wieder: ein „zweckmäßiges“ Produkt zu schaffen, das hochqualitativ und effizient Ästhetik mit Nutzwert und Wirtschaftlichkeit verbindet. Gutes Design entfaltet seinen Wert erst durch seinen praktischen Nutzen. Zudem unterstützen wir durch regelmäßige Handwerker-Schulungen das Zusammenspiel von Kunst und Handwerk – so, wie es auch der Bauhausgedanke vorsieht. Hinzu kommt, dass wir unsere Kunden, Architekten und Designer jährlich zum traditionellen Bauhausfest einladen. Neben dem offiziellen Kulturprogramm veranstaltet Altro einen Workshop und bietet Werksbesuche an. Im Workshop erfolgt ein Austausch über Farbtrends, vor allem im Einfluss kultureller Vorlieben oder bestimmter Verlege-Umgebungen. Altro steht so im stetigen und aktiven Dialog mit seinen Kunden, sodass deren Anregungen und Erfahrungen sich in der Farbgebung der Produkte wiederfinden.

Olaf Danny

Als Hersteller innovativer Materialien für Boden und Wand – wie lassen Sie sich in der Produktentwicklung vom Bauhaus inspirieren? Unser Ziel ist es, mit unseren Produkten einen Mehrwert für Handwerker und Kunden zu schaffen und die Prozesse zu vereinfachen. Ein Beispiel ist unser klebstofffreier Bodenbelag „Altro Cantata“. Dank seiner Verlegung ohne Klebstoff oder weiterer Bauchemie entfällt die Trocknungszeit. Das bedeutet eine enorme Zeitersparnis und eine minimale Ausfallzeit, die die Gesamtkosten für den Kunden mindern. Darüber hinaus lässt sich der Boden ganz leicht entfernen und an anderer Stelle wie- derverwenden. So wurde es im Jahr 2012 nach den olympischen Spielen in London gemacht; der Belag wurde anschließend in einer Schule verlegt. Am Ende seiner Lebensdauer ist er zu 100 % recyclingfähig und somit auch noch umweltfreundlich. Aber auch für die Wände bieten wir unsere fertigen Lösungen an – beispielsweise Waschtischmodule oder Kits. Mit ihnen lässt sich die Montagezeit verkürzen und gleichzeitig erleichtern sie dem Handwerker die Arbeit. Und betrachtet man unseren Marktauftritt, so lässt sich anhand der Farben und Formen auch hier sehr gut die Nähe zum Bauhaus erkennen.

Wie können Architekten und Handwerker heute die Bauhaus-Ideen aufnehmen und Projekte realisieren, die vielleicht auch in 100 Jahren noch relevant sind?
Das ist eine spannende Frage, die ich bei unserem nächsten Bauhaus-Fest mit unseren Gästen gerne diskutieren werde. In den heutigen Zeiten bestimmt der schnelllebige Wandel immer mehr das Geschehen. Daher bezweifele ich, dass noch etwas in 100 Jahren relevant sein wird, so wie es das Bauhaus einmal war. Ich glaube aber, dass der Prozess „Bauen“ sich verändern wird. In dem Segment gibt es immer noch großes Potential hinsichtlich Automatisierung, Digitalisierung und vor allem Nachhaltigkeit. Im Bereich Digitalisierung bieten wir unseren Kunden mit „Altro-Insta Space“ die Vorab-Visualisierung von Räumen mit ausgewählten Böden und Wänden an. So kann sich der Kunde bereits vorab ein Bild von dem fertigen Raum machen.

Auch heute noch fertigen Sie Ihre Produkte in Deutschland. Welchen Stellenwert hat für Sie „Made in Germany“?
Made in Germany ist immer noch das Synonym für einen hohen Qualitätsanspruch, den wir nur zu gerne mit unseren, im Marktumfeld herausragenden, Gewährleistungen erfüllen. Zudem hat der Standort in Dessau eine lange Tradition und wir haben viele Mitarbeiter:innen im Unternehmen mit teilweise jahrzehntelangen Firmenzugehörigkeiten. Das gilt auch für den Standort in Letchworth, Großbritannien. Wir als ein Familien-Unternehmen der dritten Generation stellen unsere zentralen Werte – die Wertschätzung unserer Kund:innen und die gegenseitige Wertschätzung – in den Mittelpunkt unserer Kultur. Sie drücken sich aus durch unsere Verpflichtung zu Leistung, Partnerschaft und Chancen.

Das Thema Nachhaltigkeit spielt bei Altro ebenfalls schon lange eine große Rolle. Wie sieht Ihr Umweltmanagement aus?
Wir sind unter anderem nach ISO14001 zertifiziert und arbeiten kontinuierlich an der Verbesserung unseres Umweltmanagements. Beispielsweise arbeiten wir fast ausschließlich mit Zulieferern aus der Region und versuchen, lange Lieferwege zu vermeiden. In England hat Altro das Sammelsystem „Recofloor“ mitgegründet, welches Vinyl-Böden einsammelt und der Wiederverwertung zuführt. In Deutschland sind wir seit langem Gesellschafter und Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft PVC-Bodenbelag Recycling (AgPR) und VinylPlus. PVC ist ein Material, das sehr gut recycelt werden kann, was auch bereits in sehr großem Umfang geschieht. Zudem ist die Reduzierung unseres CO2-Fußabdrucks ein unternehmensweites Ziel. Hier haben wir erste Erfolge und Reduzierungen erzielt und werden das kontinuierlich weiterverfolgen und ausbauen.

Hat die deutsche Produktion angesichts der enormen weltweiten Auswirkungen der Pandemie – und jetzt zusätzlich durch den russischen Krieg in der Ukraine – eine stärkere Gewichtung bekommen?
Auf jeden Fall. Die Pandemie hat nur zu – wenn auch teilweise massiven – Lieferverzögerungen geführt. Aber der Krieg in der Ukraine und die Reaktion der Staatengemeinschaft darauf, werden uns noch die nächsten Jahrzehnte beeinflussen. Heute sind bereits Lieferketten unterbrochen und Rohstoffe und Materialien sind teilweise nicht mehr beschaffbar. Von Erdgas oder Rohöl ganz zu schweigen. Dadurch werden die Produktion und Belieferung aus Asien zu einem Risiko. Wir haben bereits viele Anfragen von Kunden, die früher in Asien eingekauft haben und nun massive Beschaffungs- und Kostenprobleme haben. Eine Fertigung in Deutschland ist kostentechnisch immer noch etwas anderes als eine Fertigung in Fernost. Aber allein der Nachhaltigkeits- gedanke, der mehr und mehr in unserer Gesellschaft eine wichtige Rolle einnimmt, lässt die Kunden nun umdenken und nach Europa zurückkehren. Diesen Trend sehen wir ja in allen Branchen.

Der Bereich „Gesunde Gebäude“ und „Healing Architecture“ ist ein weiterer Altro-Schwerpunkt. Wie sieht Ihr Engagement hier aus?
Debolon ist seit 2010 Mitglied in der deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB). Unsere Produkte erfüllen die Anforderung des „Indoor Air Comfort Gold“-Standards und werden regelmäßig von externen Instituten überwacht. Und unsere Bodenbeläge sind schon seit Jahren frei von Orthophthalaten und waren bereits phthalatfrei, bevor dies zur Industrienorm wurde. Unsere ohne Klebstoff zu verlegenden Beläge schließen natürlich jegliche Beeinträchtigung durch Klebstoffgerüche aus. In der „Healing Architecture“ greifen wir mit Farben und Mustern aus der Natur das Thema auf. Wir arbeiten auch mit speziellen Lichtreflexionswerten, gesteigerter Geräuschreduzierung und erhöhtem Gehkomfort. Dem Schwerpunkt Demenz haben wir uns besonders intensiv gewidmet und Lösungen erarbeitet, die betroffenen Personen das Leben mit einer speziellen, auf Ihre Bedürfnisse abgestimmten, Auswahl an Böden und Wänden erleichtern kann.

Die Fragen stellte Brit Dieckvoss Quelle: arcade, www.arcade-xxl.de